Mehr als die Hälfte der deutschen Self Publisher nutzt Twitter. Wir haben nicht abgefragt, warum und wieso. Eine Vermutung habe ich jedoch: Autoren nutzen Twitter, um sich damit zu vermarkten. Im Web wimmelt es denn auch von Anleitungen, wie man dabei am schlauesten vorgeht. Die schlechte Nachricht: Twitter funktioniert nicht als Marketing-Instrument.
Was ich damit meine: Wenn Sie sich bei dem Kurznachrichtendienst rein in der Hoffnung anmelden, darüber mehr Bücher zu verkaufen, werden Sie das twittern über kurz oder lang wieder aufgeben. Wer Twitter als Marketing-Instrument verkauft, hat den Dienst nicht verstanden. Denn Twitter ist vor allem ein Kommunikations-Medium. Und zwar eines, das die Teilnehmer zwingt, mit wenigen Worten auszukommen.
Das heißt nicht, dass es unmöglich ist, über Twitter neue Leser zu gewinnen oder völlig unbekannte Menschen auf sich aufmerksam zu machen. Doch das darf nie im Vordergrund stehen. Stellen Sie sich ein Café vor, in dem man Tische mieten kann. Sie haben von einem Bekannten gehört, dass ein kluger Mensch einen dieser Tische für sich reserviert hat. Wer das Café besucht, kann sich einfach dazusetzen und der Unterhaltung der anderen lauschen. Wer Lust hat, kann auch selbst dazu beitragen. Und wer sich auf den aktuellen Stand der Diskussion bringen will, kauft vielleicht sogar das Buch des Gastgebers, ohne dass er je dazu aufgefordert worden wäre. Wer dann selbst eifrig mitdiskutiert, steigt in der Achtung der anderen Gäste. Mit der Zeit werden die anderen Anwesenden sein Gesicht erkennen, ihm vielleicht schon beim Betreten des Cafés zuwinken.
Den Tisch nebenan hat ein anderer Mensch gemietet. Er hat auffällige Schilder aufgestellt. Wer das Café betritt, wird von ihm eingeladen. Die Besucher folgen zunächst vielleicht sogar neugierig der Einladung und setzen sich dazu. Doch dem Gastgeber dabei zuzuhören, wie toll er ist, macht auf Dauer keinen Spaß. Es kommt keine Diskussion zustande – wie sollte sie auch? Die Gäste verabschieden sich wieder. Gekauft haben sie nichts (und wenn, dann nur wegen der Überredungskünste des Gastgebers – um sich später über den Kauf zu ärgern).
Wie Sie Twitter richtig nutzen
Verstehen Sie Twitter als Diskussionsmedium, das ist die Botschaft in Kurzform. Melden Sie sich an. Stellen Sie sich als den dar, der Sie sind. Berücksichtigen Sie das auch in der Selbstbeschreibung. Kurz und knapp darf sie sein. Niemand wird Ihnen allein aufgrund der Beschreibung folgen. Sie brauchen auch kein professionelles Foto, wie es immer wieder zu lesen ist. Viele erfolgreiche Autoren twittern mit einer Grafik als Porträt. Sie müssen auch nicht unter Ihrem richtigen Namen twittern. Es kommt auf die Inhalte an. Wer sich dafür interessiert, wird auch irgendwann (vielleicht sogar überrascht) herausbekommen, wer Sie sind.
Nach der Anmeldung suchen Sie sich interessante Vorbilder. Natürlich sollten @mmatting und @SelfPubBibel unbedingt zu den ersten gehören, denen Sie folgen 😉 Im Netz finden Sie viele Listen von twitternden Verlagen und twitternden Autoren. Denken Sie nicht strategisch darüber nach, wem Sie davon folgen, sondern durchstöbern Sie die aktuellen Tweets der Accounts. Interessiert Sie, was Sie lesen? Dann klicken Sie den “Folgen”-Knopf. Und überprüfen Sie, wem der Mensch folgt, zu dessen Follower Sie gerade geworden sind. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, hier weitere interessante Quellen zu finden.
Suchen Sie auf diese Weise mindestens 50 interessante Twitterer, besser 100. Da Sie noch nichts zu sagen haben, werden Ihnen nur manche davon zurückfolgen (in diesem Fall aus purer Höflichkeit). Aber das ist egal. Lesen Sie nun eine Weile mit, wenigstens für zwei Wochen, und zwar konsequent mindestens einmal am Tag. Da ein Tweet maximal 140 Zeichen lang ist (mit Ausnahmen), kostet das nicht viel Zeit. Beginnt Ihnen Twitter Spaß zu machen? Ich hoffe es, denn wenn es Ihnen als reine Zeitverschwendung erscheint – geben Sie den Versuch lieber gleich wieder auf, denn dann IST es Zeitverschwendung. Twitter ist kein Jedermanns-Medium. Konzentrieren Sie sich auf das, was Ihnen am meisten liegt, denn nur darin sind Sie auch effizient.
Nun können Sie allmählich beginnen, selbst zur Diskussion beizutragen. Sie haben im Grunde drei Möglichkeiten. Wenn Ihnen ein Beitrag besonders gut gefällt, retweeten Sie ihn. Das heißt, Sie leiten ihn weiter an ihre eigenen Follower. Da Sie noch neu in dem Medium sind, werden Ihre Retweets kaum Widerhall finden. Aber der Quelle signalisiert ein Retweet auch so etwas wie Zustimmung. Außerdem finden Sie nur selbst Follower, wenn bei Ihnen etwas zu lesen ist.
Möglichkeit Nummer Zwei sind Antworten. Vielleicht lesen Sie ein Statement, das Ihren Widerspruch herausfordert oder dem Sie etwas hinzuzufügen haben. Immer heraus damit! Mit etwas Glück entspinnt sich eine Diskussion, der auch andere Twitterer beitreten, die so auf Ihren Namen stoßen.
Und schließlich können Sie auch eigene Beiträge twittern. Das können entweder Kurztexte sein oder aber Verweise auf Texte, die Sie anderswo platziert haben und die für andere Leser interessant sein könnten. Hier können Sie gerade als Autor zeigen, dass Sie formulieren können, dass Sie Fantasie haben und eine eigene Meinung. Wenn Sie dann ein halbes Jahr dabei sind und einige Follower gewonnen haben, dann können Sie sich schon auch mal einen Werbe-Tweet in eigener Sache leisten – Hauptsache, Sie wiederholen ihn nicht täglich.
Es gibt auch einige Bräuche auf Twitter, denen Sie sich anschließen können – etwa den FollowFriday. An jedem Freitag können Sie (unter Einschluss des Hashtags #ff) andere Twitter-Accounts zum Folgen empfehlen. Nutzen Sie den Brauch nur, wenn Sie wirklich etwas zu empfehlen haben. Und wiederholen Sie nicht dauernd dieselben Empfehlungen. Ein anderer Brauch ist das #sundaysample – jeden Sonntag posten Autoren unter diesem Hashtag Verweise auf Leseproben zu ihren Büchern. Wie bei jedem Brauch, kann jedoch die andauernde Wiederholung Ihre Leser auch langweilen.
So weit meine Tipps – natürlich werden andere Autoren auch auf andere Weise glücklich. Es gibt selbstverständlich Twitterer, die gern die Werbung Dritter lesen und fröhlich teilen. Ich gehöre nicht dazu.