Es ist wieder einmal vollbracht – 1895 Menschen haben Zeit investiert, um etwas mehr quantitative Klarheit in die Selfpublishing-Welt zu bringen. Das sind etwas weniger als 2019, aber immer noch Vize-Rekord. Die Ergebnisse können unter dem Titel “Hobby vs. Professionalisierung” stehen. Die beiden Gruppen von Selfpublishern entwickeln sich offenbar immer weiter auseinander. Es ist also nicht so, dass sich das Selfpublishing insgesamt professionalisiert – es bilden sich immer deutlicher mindestens zwei unterschiedliche Gruppen mit verschiedenen Bedürfnissen heraus.
Frage 1: Seit wann nutzen Sie Selfpublishing?
Der Anteil der Neulinge hat sich diesmal etwas erhöht. Immerhin 13 Prozent haben erst in diesem Jahr mit dem Selfpublishing begonnen. Ganz frisch dabei ist nur jeder zehnte Umfrageteilnehmer. 40 Prozent haben weniger als drei Jahre Erfahrung, aber jeder fünfte befasst sich auch schon seit mehr als sechs Jahren mit dem Selfpublishing. Interessant: von denen, die 2018 und 2017 mit dem Selfpublishing angefangen haben, hat anscheinend jeweils etwa ein Drittel inzwischen wieder aufgehört. Das sieht man, wenn man die Antworten auf die Frage “Wann haben Sie angefangen?” von 2019 und 2020 vergleicht. Für die anderen Jahrgänge ergibt sich keine solche Abnahme.
Frage 2: Wie viele Titel haben Sie bereits veröffentlicht?
Die Umfrageteilnehmer*innen haben im Mittel etwa 8,8 Titel veröffentlicht. Die Zahl ist identisch mit dem Wert von 2019. Allerdings ist die Verteilung wie schon 2019 sehr ungleichmäßig, deshalb ist der Medianwert hier aussagekräftiger – er liegt erneut bei genau 3. 27 Prozent, also gut ein Viertel, der Teilnehmenden hat erst ein Buch veröffentlicht. Fast genauso viele, 24 Prozent, haben schon mindestens zehn Bücher herausgebracht. Bei der Verteilung der Zahl veröffentlichter Titel zeigt sich in der Mitte ein gewisses Tal, und zwar stärker als 2019. Es gibt viele Einsteiger und auch deutlich mehr Autor*innen mit mehr als zehn Büchern. Offenbar probieren viele Selfpublishing mit wenigen Titeln aus, und nur, wenn sich Erfolg einstellt, machen sie weiter.
Frage 3:Wie hoch sind Ihre monatlichen Einnahmen?
Der mittlere Erlös der an der Umfrage teilnehmenden Selfpublisher erreichte 2018 mit 1048 Euro seinen höchsten Wert. 2019 fiel er auf 677 Euro, in diesem Jahr stieg er wieder auf 952 Euro. Der Mittelwert sagt allerdings so wenig aus wie bei der Frage nach der Titelzahl. Der Median (der Wert in der exakten Mitte der Antworten) liegt denn auch nur bei 50 Euro. Das sind immerhin 20 Euro mehr als 2019, aber es heißt auch, dass die Hälfte aller Teilnehmenden weniger als 50 Euro im Monat verdient. Die Verteilung der Einnahmen folgt – kaum überraschend – einer Exponentialkurve – wenige haben viel, viele wenig. Über alle Stufen hinweg ist ein Anstieg zu verzeichnen. Namen 2019 noch 2,5 Prozent der Auskunftsbereiten mehr als 7500 Euro ein, waren es diesmal 3,6 Prozent. Frauen verdienen im Selfpublishing im Mittel mehr als Männer, nämlich 1245 Euro monatlich zu 633 Euro. Zudem nehmen dreimal mehr Frauen als Männer monatlich mindestens 10.000 Euro ein.
Frage 4: Welche Summe geben Sie für eine Buchveröffentlichung typischerweise aus?
In diesem Jahr liegt der Mittelwert der Ausgaben pro Buch auf Höchstniveau seit Einführung dieser Umfrage – bei 877 Euro (Vorjahr: 794 Euro). Immerhin 23 Prozent geben mehr als 1500 Euro aus (das sind typische Kosten für ein Lektorat). Das sind acht Prozentpunkte mehr als im Vorjahr und mithin nun jeder vierte. Da nach wie vor die meisten Selfpublisher nicht von ihrer Arbeit leben können, sie also als Hobby betreiben wollen oder müssen, ist das ein beachtlicher Anteil.
Interessant wird es, wenn man die Ergebnisse mehrerer Fragen kombiniert. Das mittlere Einkommen der AutorInnen, die mindestens 1500 Euro für eine Veröffentlichung ausgeben, liegt zum Beispiel bei 2774 Euro (2019: 2747 Euro), also fast beim Dreifachen des allgemeines Mittels. Man könnte also sagen: Wer professionell Selfpublishing betreibt, leistet sich auch ein Lektorat. Und wer sich ein Lektorat leistet, hat eine größere Chance auf einen ordentlichen Monatsverdienst.
Die Erfahrung spielt ebenfalls eine Rolle. Wer vor 2014 angefangen hat, verdient im Mittel 2037 Euro im Monat, wer 2014 bis 2016 begonnen hat, verdient 1354 Euro, und wer ab 2017 eingestiegen ist, nimmt im Mittel nur 314 Euro ein. Selfpublishing braucht offensichtlich auch Geduld, und zwar eine Menge. Bei den Selfpublishern, die im Monat ab 10.000 Euro umsetzen, liegen die Ausgaben pro Buch bei im Mittel 2931 Euro, und niemand gab weniger als 500 Euro aus.
Erhebliche Unterschiede gibt es auch bei der Verteilung nach Geschlecht. Männliche Selfpublisher gaben pro Buch 775 Euro Ausgaben an, weibliche hingegen 960 Euro. 2019 war der Unterschied noch deutlich größer.
Frage 5: Welches Schreibprogramm nutzen Sie?
Von den Spezialprogrammen führt wie schon 2019 eindeutig Papyrus Autor. Jeder vierte, der an der Umfrage teilgenommen hat, setzt es ein. Aber auch Scrivener hat seinen Anteil fast verdoppelt. Papyrus-Nutzer*innen haben im Mittel schon elf Bücher veröffentlicht und verdienen im Monat im Mittel 1629 Euro, also weitaus mehr als Nutzer*innen von Word und OpenOffice. Scrivener-AnwenderInnen verdienen im Mittel 1022 Euro und haben neun Bücher veröffentlicht. Denken Sie allerdings daran, dass Statistiken nur Korrelationen zeigen – nur durch den Kauf von Papyrus Autor werden Sie Ihre Monatseinnahmen nicht verdoppeln. Benutzer der beiden Spezialprogramme geben pro Buch im Mittel auch etwa 1174 Euro aus, das dürfte den Erfolg eher positiv beeinflussen.
Frage 6: In welcher Form veröffentlichen Sie in welcher Häufigkeit?
E-Book und Taschenbuch gemeinsam zu veröffentlichen ist heute Standard; das Taschenbuch hat allerdings zum E-Book etwas aufgeholt. Das Hardcover ist noch immer ein Stück im Hintergrund, und obwohl viel über einen Hörbuch-Boom gesprochen wird, ist er im Selfpublishing noch niht angekommen.
Interessant ist es hier, sich nur Teilnehmer mit mindestens 2000 Euro Monatseinnahmen anzusehen, die “Profis” also. Sie veröffentlichen zu 100 Prozent als E-Book und zu 75 Prozent als Taschenbuch – aber fast nie (unter zwei Prozent für “immer” und “häufig”) als Hardcover.
Frage 7: Warum nutzen Sie Self Publishing?
Freiheit und Kontrolle – so lässt sich auch 2020 die Hauptmotivation der Umfrageteilnehmer*innen beschreiben. Das ist nun schon seit 2013 eine echte Konstante. Für ein Viertel der Schreibenden steht Selbstverwirklichung im Vordergrund, ebenfalls etwa einem Viertel geht es ums liebe Geld. Schlechte Erfahrungen mit Verlagen hat nicht einmal jeder sechste gemacht. Etwas anders sieht es bei denen aus, die vom Selfpublishing leben (ab 2000 Euro Monatseinkommen): Hier steht das Motiv “mehr Geld” mit 84 Prozent etwa gleichauf mit Freiheit und Kontrolle an zweiter Stelle. “Weil ich keinen Verlag gefunden habe” gibt fast keine dieser Autor*innen an.
Frage 8: Würden Sie gern bei einem Verlag veröffentlichen?
In dieser Frage ist ab diesem Jahr auch eine Bewertung enthalten. Der Anteil derer, die noch immer gern bei einem Verlag unterschreiben würden, sinkt von Jahr zu Jahr, das ist schon eine Konstante. Von den “Profis” mit mindestens 2000 Euro Monatseinkommen wünschen sich nur noch 14 Prozent einen Verlagsvertrag, während 20 Prozent angeben, es schon probiert zu haben, aber unzufrieden waren.
Frage 9: Was würde Sie daran reizen, bei einem Verlag zu veröffentlichen?
Was spricht für Verlage? Die Antworten ähneln wieder einmal denen der Vorjahre. Immerhin die Hälfte möchte gern im Buchhandel ausliegen. Das Geld spielt bei der Verlagssuche kaum eine Rolle. Fragt man speziell die Profis, ergeben sich sehr ähnliche Antworten – bis auf eine Ausnahme: Das Marketing des Verlags reizt sie deutlich weniger.
Der zweite Teil der Umfrage befasst sich mit konkreten Vertriebswegen und Umsatz-Anteilen.