Wenn ein Kunde mehr als zehn Prozent Ihres Buchs liest oder es über die Kindle-Leihbücherei herunterlädt, erhalten Sie einen Anteil des weltweiten KDP Select-Fonds.” – so beschreibt die KDP-Hilfeseite zu Amazons neuer eBook-Flatrate Kindle Unlimited den Abrechnungsmodus für Autoren. Das klingt, als würde Amazon nun jeden Nutzer dabei beobachten, wie er von Seite zu Seite blättert (bei der deutschen eBook-Leihlösung Readfy übrigens erklärtes Ziel). Tatsächlich sieht die Realität anders aus, wie der praktische Versuch zeigt.

Es hat nicht lange gedauert, bis Amazon die Gerüchte zu Kindle Unlimited selbst bestätigt hat: Seit heute ist die eBook-Flatrate in den USA verfügbar. Für 9,99 Dollar pro Monat können Abonnenten beliebig viele eBooks aus einer Sammlung von rund 600.000 Titeln lesen.

Anders als bei der Kindle Owner Lending Library des Prime-Programms muss man kein Besitzer eines Kindle-eReaders sein: Die Abo-eBooks sind mit den Kindle-Apps auch auf iPad, iPhone und allen Android-Geräten und auf Windows Phone sowie mit dem Cloud Reader auch am Computer lesbar. Allerdings kann man in den Kindle-Apps für iOS nicht nach neuem Lesestoff suchen (eine Einschränkung von Apple), sondern muss stattdessen auf den Browser ausweichen.

Nach der Kindle-Leihbücherei hat Amazon ein neues digitales Regal in den eigenen Buchladen gestellt: Die Abteilung “Exklusive Kindle eBooks” führt nur Bücher auf, die allein auf dem Kindle erhältlich sind.

Kein Eintritt für deutsche Verlage: Für deutsche Titel heißt das gleichzeitig, dass es sich lediglich um Werke von Self Publishern und der Amazon-Verlagsabteilung handelt, denn deutsche Verlage haben sich dazu verpflichtet, alle Buchhändler gleich zu behandeln (und zu beliefern).

Man könnte ja beim Betrachten der Amazon-Kindle-Charts manchmal auf die Idee kommen, dass ein paar erfolgreiche Autorinnen und Autoren die komplette Liste für sich gepachtet haben. Tatsächlich sind die Top 100 aber erstaunlich durchlässig. Immer wieder tauchen Namen auf, von denen ich noch nie gehört habe. Diesmal zum Beispiel “Die Gewandschneiderin” von Doris Niespor.

Die Self-Publisher-Charts erscheinen nun seit gut einem Jahr wöchentlich an dieser Stelle – und passenderweise gibt es in dieser Woche einen neuen Rekord zu vermelden: Der mittlere Preis der Indie-eBooks in den Kindle-Top-100 liegt diesmal bei 2,81 Euro. Zugegeben: Dass die aktuelle Nr. 1 gerade wieder auf ihren Normalpreis von 9,99 Euro umgestellt hat, hilft dabei sicher deutlich.

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Was zeigt der Blick zurück? Vor allem einige alte Bekannte. Die “MondSilber”-Reihe von Marah Woolf war auch vor einem Jahr schon komplett in den Top 100 vertreten. Ebenso die Krimis von Hanni Münzer, die Thriller von BC Schiller und Marc Franley oder auch “Ausradiert” von Andreas Adlon. Was braucht ein Buch, damit es dermaßen lange jede Woche neue Leser findet? Vielleicht findet ja jemand bei der Analyse dieser Titel die Antwort…

Amazon bleibt seiner Fire-Marke treu. Das schon lange erwartete Amazon-Smartphone heißt demnach nicht Kindle-, sondern Fire Phone. Das Gerät ist hardwaremäßig auf aktuellem Stand: Sein 4,7-Zoll-Display besitzt (nur) HD-Auflösung, angetrieben wird es von einem 2,2-GHz-Prozessor. Die Kamera fotografiert mit 13 Megapixeln und besitzt einen optischen Bildstabilisator. 3D (wie von Gerüchten erwartet) kann das Fire Phone nicht darstellen. Es besitzt aber ein Feature namens “Dynamic Perspective”. Damit reagiert das Handy auf die Art und Weise, wie es vom Nutzer gehalten wird.

Die aktuellen Top 100 der Kindle-eBooks zeigen sehr schön zwei Aspekte, die im Chart-Fieber oft unter den Tisch fallen:

  • Geduld lohnt sich
  • Ein großes Netzwerk zahlt sich aus

Die aktuelle Nummer 1, ein Diätbuch nämlich, ist weder neu (tatsächlich ist es schon zwei Jahre auf dem Markt) noch ist sein Inhalt besonders exklusiv – Diätbücher gibt es auch bei Amazon in großer Zahl. Doch der Autor hat es mit der Zeit geschafft, eine große Facebook-Community mit über 80.000 Likes aufzubauen. Und die hat dann im Rahmen einer Werbeaktion bei XTME das eBook auf den ersten Platz gebracht.

Die aktuellen Kindle-Charts bei Amazon zeigen schön, wie hilfreich eine Präsenz in der vordersten Reihe für alle Titel eines Autors ist. Hinter den insgesamt 62 eBooks in den Top 100 stehen nämlich nur 35 Autoren. Wer es einmal nach oben geschafft hat, kann oft auch weitere Bücher gut platzieren. Die meisten Autoren sind denn auch gleich mit drei Büchern ganz oben vertreten.

Die Bestenliste zeigt auch: dauerhaft halten kann sich dort nur, wer regelmäßig neuen Lesestoff nachliefert. Dabei gehen die Autoren praktisch durchaus unterschiedlich vor: Manche setzen den Preis ihrer älteren Werke kurzzeitig herunter, andere vertrauen komplett auf die Sogwirkung. Die Charts zeigen, dass eigentlich diese Sogwirkung durchaus genügt. Allerdings gilt das im Thriller-Genre wohl weniger als bei Romantik und Fantasy.