Es hat nicht lange gedauert, bis Amazon die Gerüchte zu Kindle Unlimited selbst bestätigt hat: Seit heute ist die eBook-Flatrate in den USA verfügbar. Für 9,99 Dollar pro Monat (der erste ist kostenlos) können Abonnenten beliebig viele eBooks aus einer Sammlung von rund 600.000 Titeln lesen.
Anders als bei der Kindle Owner Lending Library des Prime-Programms muss man kein Besitzer eines Kindle-eReaders sein: Die Abo-eBooks sind mit den Kindle-Apps auch auf iPad, iPhone und allen Android-Geräten und auf Windows Phone sowie mit dem Cloud Reader auch am Computer lesbar. Allerdings kann man in den Kindle-Apps für iOS nicht nach neuem Lesestoff suchen (eine Einschränkung von Apple), sondern muss stattdessen auf den Browser ausweichen.
In einem ersten Test funktioniert die Anmeldung mit genau zwei Klicks. Voraussetzung ist allerdings ein Amazon.com-Account samt US-Adresse. Das Angebot von über 600.000 Titeln speist sich vor allem aus dem KDP-Select-Programm, den Amazon-eigenen Imprints rund um Amazon Publishing und wenigen kleineren Verlagen wie Houghton Mifflin Harcourt (“Life of Pi”, Margaret Atwood) sowie von W. W. Norton & Company. In den allgemeinen Kindle-Charts muss man nicht lange suchen, bis man auf die ersten Kindle-Unlimited-Titel trifft: Es handelt sich um die aktuelle Nummer 1. Doch insgesamt sind nur 13 der Top 50 auf diese Weise kostenlos erhältlich. Es sind aber auch schon fast 30.000 deutschsprachige eBooks im Programm (siehe Screenshot unten). Das “Kaufen” der eBooks ist einfach: Wenn ein Titel im KU-Programm ist, erscheint ein Button “Read for free”. Draufklicken, fertig.
Wie werden die kostenlos gelesenen eBooks für die Autoren abgerechnet? Über einen Fonds, also identisch zur Kindle-Leihbibliothek. KOLL-Ausleihen und KU-Leihen kommen in einen gemeinsamen Topf, für beide gibt es gleich viel Geld. Amazon hat diesen Fonds für Juli vorsichtshalber auf 1,4 Millionen Euro erhöht (von 860.000 Euro im Juni). Nun müssen wir abwarten, wie gut die Schätzung zutrifft. Würde KindleUnlimited von den Lesern besser angenommen als von Amazon erwartet, gäbe es für den Monat Juli deutlich weniger Geld. Das träfe deutsche Autoren besonders, da wir kaum von KindleUnlimited profitieren, aber trotzdem weniger Honorar pro KOLL-Leihe erhalten. Amazon kann das nur verhindern, indem der Fonds deutlich angehoben wird.
Auszahlungen für KindleUnlimited gibt es übrigens erst, wenn der Leser mindestens 10 Prozent des eBooks gelesen hat.
Wer mit diesen Bedingungen nicht einverstanden ist, dem räumt Amazon die Möglichkeit ein, sein eBook sofort aus KDP Select zu entfernen (im Formular einfach die ASINs der zu entfernenden eBooks eintrgagen), ohne die übliche Kündigungsfrist zu beachten. Das ist übrigens für alle KDP-Nutzer eine Möglichkeit, KDP Select sofort abzuwählen.
Eine interessantere Frage ist aber: Wie wird Amazon die kostenfreien Lesevorgänge auf das Bestseller-Ranking anrechnen? Theoretisch kann ich mit einem Account ja nun beliebig viele eBooks einmal im Monat lesen. Das beschert den Autoren Einnahmen und einen Sprung im Ranking – jedenfalls wenn Amazon so zählt wie bei der Kindle-Leihbücherei, wo jede Ausleihe einem Verkauf entspricht. Sollte das so bleiben, wäre KindleUnlimited (und damit KDP Select) ein erheblicher Sichtbarkeits-Vorteil für Autoren.