Kaufen Sie Ihre Bücher bei Amazon?
Ja, da ich für Recherchen oft auch auf fremdsprachige – englische und französische – Werke angewiesen bin, kaufe ich die bei Amazon.de, deren Service für solche Titel exzellent ist. Aktuelle Bücher, deutsche Romane und Sachbücher zum Beispiel, kaufe ich in aller Regel beim Buchhändler um die Ecke. Die haben sie bereits am nächsten Tag zur Abholung bereit und schlagen so Amazons Bücherlieferzeit um locker zwei Tage.
Finden Sie es richtig, Bücher bei Amazon zu kaufen oder die eigenen dort verkaufen zu lassen?
Ich schreibe Bücher, ich will, dass sie a) gelesen und b) bezahlt werden. Beides leistet Amazon.de für mich in dem Sinne, dass meine Bücher dort zu beziehen sind und ich, zumindest für die Selfpublisher-Titel, von denen pünktlich meine Abrechnungen und die Tantiemen für die verkauften Bücher bekomme.
Würden Sie als Autor Ihre Bücher gern nicht mehr über Amazon vertreiben (lassen)?
Ich sehe die Bedeutung des Wortes „gern“ in der Frage. Ich antworte, dass es für einen umfassenden Boykott von Amazon für mich nur einen Grund geben würde: politisch motivierte Zensur. Dafür existieren im deutschen Sprachbereich, der für mich als deutschsprachigen Autor zählt, jedoch bislang keinerlei Anhaltspunkte.
Was halten Sie von der Nachricht, dass Amazon die Bücher mancher Verlage nur verzögert liefert, wenn diese Verlage sich den Rabattforderungen von Amazon widersetzen?
Gegenfrage: Was halte ich davon, dass meine Verleger den großen Buchhandelsketten immense Rabatte zu gewähren haben, um überhaupt eine Chance darauf zu haben, ihre Titel in deren Regale zu bekommen?
Diese Rabatte schmälern mein Autorenhonorar und die Gewinne der Verlage, die ja zumindest theoretisch mit ihrer Mischkalkulation zwischen leichter und eher anspruchsvollerer Literatur ihren Beitrag zur Kulturvielfalt in diesem unserem Lande leisten sollten. Und entgegen irriger landläufiger Auffassung müssen auch Autoren für ihre Arbeit entlohnt werden um die weiter ausüben zu können. (Eine der zuweilen durchaus für manche unter uns unbequeme Nebenwirkung des Kapitalismus)
Auch bei den Buchhandelsketten arbeiten Menschen und zwar oft genug für unangemessene Löhne. Die meisten der Kollegen und Journalisten, die so gern lautstark auf die Arbeitsbedingungen bei Amazon eindreschen, haben bislang kein Wort über die Steuertricks und Mitarbeiterausbeutung der Buchhandelsketten verloren.
Was halten Sie von den Nachrichten über die Arbeitsbedingungen bei Amazon?
Es existieren in diesem Land rechtliche Mittel sich gegen Ausbeutung zur Wehr zu setzen. Das ist eine Errungenschaft der deutschen Arbeiterschaft, die selbst eine von Guido Westerwelle geführte FDP in konzertierter Aktion mit den Spitzen der einheimischen Arbeitgeber- und Industrieverbände bislang noch nicht ganz auszulöschen vermochten.
Darüber hinaus erwarte ich voller Vorfreude die einheimische Kulturjournalistenelite demnächst um halb sechs Uhr morgens am Werkstor von Amazons Auslieferungslager um dort ihre Solidarität mit den Leiharbeitern dadurch unter Beweis stellen, dass sie denen eine Runde Cafe Latte (aus dem Bioshop) spendieren. Nach der Aktion vor Amazons Auslieferungslager nehmen wir uns alle an die Hand und schauen anschließend gemeinsam wie die Arbeitsbedingungen und Löhne bei Lidl, Edeka, Aldi und H und M sich so entwickelt haben. Während des unweigerlich darauf folgenden gemeinsamen Umtrunks wird sich überdies auch eine realistische Alternative zum menschenverachtenden kapitalistischen Wirtschaftsmodell entwickeln lassen, die dann in einer von allen Beteiligten unterzeichneten Onlinepetition via Facebook unter die Massen gebracht werden könnte.
Alles zusammen genommen, mit wie vielen Sternen (von fünf möglichen) würden Sie Amazon bewerten?
Mit vier Sternen.
David Gray ist freiberuflicher Journalist und Krimi-Autor.